Startseite > Publikationen > Therapeutisches Reiten: Freizeit macht sich bezahlt
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Der Verein für therapeutisches Reiten ist mit einem jährlichen Minus von 30.000 Euro bei seinem Therapieangebot nach wie vor auf Spenden und Zusatzeinnahmen angewiesen. Grund zur Freude bietet derzeit das Ferienprogramm, das in diesem Sommer vor allem bei Kindern gefragt ist wie schon lange nicht mehr.

Mangelnde Nachfrage und viele konkurrierende Angebote – das waren im vergangenen Sommer die Gründe, weshalb der Bolheimer Verein für therapeutisches Reiten eine Generalüberholung des Freizeitprogramms angekündigt hatte. Ganz so drastisch ist diese nun doch nicht ausgefallen.

„Ein paar Dinge haben sich aber tatsächlich verändert“, sagt Freizeitleiterin Dorothea Strauß, die seit Beginn der Freizeiten vor 14 Jahren mit dabei ist. So gibt es keine reinen Wochenendfreizeiten mehr, und die Erwachsenenfreizeit habe man aufgrund zu geringer Nachfrage von zehn auf fünf Tage kürzen müssen. „Die Erwachsenen haben eben auch in der Lebenshilfe und der Nikolauspflege gute Freizeitangebote, das spüren wir dann, indem weniger zu uns kommen“, sagt Strauß.

Trotzdem ist sie zuversichtlich, denn insgesamt laufe die Sommerfreizeit dieses Jahr besser als in den vergangenen Jahren. „Wir haben vier neue Kleinkinder dazu bekommen, was viel für uns ist, und es sind eigentlich alle Freizeiten ausgebucht“, sagt sie. Das bedeutet, dass rund acht bis zwölf Teilnehmer pro Woche in der Gruppe sind. Dorothea Strauß, Sozialpädagoge Florian Haas und zwei duale Studenten kümmern sich um die behinderten Kinder und Jugendlichen. Und das rund um die Uhr – sei es im Morgenkreis, bei Ausflügen in den Skyline-Park, Waldspaziergängen oder Freibad-Besuchen. Außerdem geht es in der Regel zweimal die Woche zum Reiten.

„Die Verbindung zum Reitstall ist zwar gut, aber der Vereinsname ist doch eher unpraktisch“, sagt Strauß. Denn bei therapeutischem Reiten denke niemand, dass dort auch Freizeiten mit Übernachtungen angeboten werden – und zwar auch für Nicht-Mitglieder. „Das müssen wir vielleicht mal ändern.“

Nach wie vor aber sind die Freizeiten für den Verein kostendeckend. „Ein Tag kostet 80 Euro, bei den Übernachtungsfreizeiten 95 Euro. Dazu kommen pro Tag 20 Euro Verpflegungskosten“, sagt die Geschäftsführerin Anita Fetzer. Beides übernehme im Regelfall die Pflegekasse.

Bei der Reittherapie sieht die Lage allerdings anders aus: Auf rund 30 000 Euro Minus komme man jedes Jahr. Dieser Betrag muss über Mitgliedsbeiträge, Spenden und Einnahmen von Flohmärkten und dem Sommerfest, das am 13. September stattfindet, wieder eingenommen werden. „Wir haben zwar den Beitrag pro Therapie-Einheit um einen Euro auf 26 Euro erhöht, wollen aber nicht noch weiter gehen“, sagt Fetzer.

Denn die Reittherapie müsse von den Eltern selbst bezahlt werden und werde von keiner Kasse bezuschusst. „Um kostendeckend zu arbeiten, müssten wir theoretisch zwischen 40 und 45 Euro verlangen“, so Fetzer. Ein Betrag, den fast keine Eltern zahlen würden – „schließlich ist unsere Therapie nicht die einzige, zu der sie mit ihren Kindern gehen“, so Fetzer.

Auch beim familienentlastenden Dienst, einer Art Babysitting, soll der Beitrag demnächst leicht erhöht werden. „Wir kommen nach Hause und passen auf die Kinder auf, wenn die Eltern mal ausgehen wollen“, sagt Fetzer. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, für die sie bisher pro Stunde zwischen zehn und 15 Euro verlangt hat. „Da größere Einrichtungen aber weit mehr verlangen, müssen wir uns eben auch anpassen“, sagt Fetzer.

Positiv überrascht ist Dorothea Strauß von der integrativen Theatergruppe, die es seit vorigem Jahr gibt. „Zur Aufführung kamen rund 200 Menschen, damit hätte ich nie gerechnet“, sagt sie. Auch dieses Jahr wird ab Oktober wieder ein neues Stück eingeübt – einen Krimi diesmal. „Es ist schön zu sehen, wie man aus jedem das Beste herausholen kann, wenn behinderte und nicht behinderte Kinder zusammenarbeiten“, sagt Strauß. Die Personal- und Materialkosten werden dabei von der Aktion Mensch übernommen, die das Theater-Projekt für drei Jahre bewilligt hat.