Huch! Schmacht! Seufz! Ooooh! Ja was ist denn das für ein Getue auf der Bühne der inklusiven Theatergruppe Tink in Bolheim?
Man wundert sich nach den ersten Sätzen. Aber dann! Dann wird dieses Gekünstelte, dieses völlig Überdrehte richtig witzig. Der Mord im vorbeifahrenden Zug beispielsweise, beobachtet von der gleich doppelt besetzten Meisterdetektivin Miss Marple und den vielen Zuschauern, die zur Premiere in den Theaterstadel gekommen waren. Eine innige Umarmung zwischen Frau und Mann, ein sanfter Kampf, ein theatralisches in die Knie gehen: Fast schon schön!Außerdem erleichtert die Art der Inszenierung, jeder Szene ein ganz eigenes Gepräge zu geben, gerade den behinderten Schauspielern auf charmante Weise ihren Auftritt. Ob hier jemand laut oder leise, überbetont oder mit Anstrengung spricht – es spielt keine (große) Rolle. Je akzentuierter, desto lustiger: Dieses Prinzip funktioniert bei Tink einfach „wunderfull“. „It’s tea crime“ hat Regisseurin Dorothea Strauß ihr selbst verfasstes Stück genannt, in dem es am Ende doch keine Leiche gibt, dafür aber jede Menge Verdächtige. Die Figuren hat Strauß dem Krimi von Agatha Christie „16.50 Uhr ab Paddington“ entliehen: einen Butler, einen Gärtner, drei Mitglieder einer reichen Familie – und die Spürnäsin Jane Marple, die verdeckt als Haushälterin auf dem Landgut des geizigen Earls ermittelt. Doch auch andere Krimi-Klassiker mischen sich in die Handlung. Die Kulisse, die Kostüme, Theaterpädagogin Strauß arbeitet mit Zitaten. Die Ermittler Sherlock Holmes und Watson tragen Anzug und Melone – was denn sonst? Das gerahmte Bild von Queen Mum an der Wand, die silberne Taschenuhr an der Kette, die Einladung zum Fünf-Uhr-Tee: das passt, ohne zu langweilen! In den britischen Gesamtrahmen fügt sich die ein wenig laszive Miss Sophie ein. Sie gibt ein Abendessen für ihre Freunde, die einem alle aus dem Kultstück „Dinner for one“ bekannt vorkommen dürfen. Und der Butler? Der stolpert natürlich immer und immer wieder über den Kopf einer Raubkatze, deren Fell auf dem Boden und damit im Weg liegt. Man kennt das bestens und muss doch lachen. Miss Marple löst den Bolheimer Fall überraschend schnell, der am Ende nach einer überraschender Wende ein ganz anderer sein wird. Die Spürnase selbst wurde genasführt. Die noch junge Tink-Gruppe, die gerade in ihrem zweiten Theaterjahr steht, ist während der Proben spürbar zusammengewachsen ist. Jeder bringt sich nach Kräften in die Inszenierung ein, jeder ist mit Eifer bei der Sache. Klasse Team! Und eine unterhaltsame Stunde – nicht nur für das Publikum. Tink spielt sein „It’s tea crime“ noch zweimal, und zwar am kommenden Wochenende. Beginn ist Freitag wie Samstag jeweils um 20 Uhr, Eintritt frei, Spenden sind erwünscht. Nach der Aufführung geht es am Samstagabend weiter mit Musik und Tanz bis in die Nacht. Veranstaltungsort: Theaterstadel beim Gelände des Vereins für therapeutischen Reiten, Feldweg 6.